Legasthenie-Definition
Den Begriff "Legasthenie" und damit im Zusammenhang auch "Legastheniker" hört man immer wieder. Doch was genau versteht man darunter? Im Folgenden finden Sie Informationen dazu und auch zu der Frage, ob es sich bei Legasthenie um eine Krankheit handelt und wie sich eine Legasthenie behandeln lässt. Um direkt zum jeweiligen Textabschnitt zu gelangen, klicken Sie auf den entsprechenden Link.
Was versteht man unter Legasthenie?
Was ist der Unterschied zwischen Legasthenie und LRS?
Wie definiert sich Legasthenie?
Legasthenie lässt sich therapieren
Was versteht man unter Legasthenie?
Der Begriff Legasthenie bedeutet wörtlich übersetzt "Leseschwäche". Weil Lesen und Schreiben Hand in Hand gehen, gibt es eine isolierte Leseschwäche aber nur sehr selten, ebenso wie eine isolierte Rechtschreibstörung. Wer nicht richtig lesen kann, kann in der Regel auch nicht richtig schreiben, und wer nicht richtig schreiben kann, hat üblicherweise auch Probleme mit dem Lesen. Deshalb beschreibt man mit dem Begriff "Legasthenie" mittlerweile zusammen auftretende Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben. Der Begriff "Legasthenie" wird auch oft synonym mit "Lese-Rechtschreib-Schwäche" (LRS) oder Lese-Rechtschreib-Störung verwendet.
Nicht alle Probleme im Lesen und Schreiben sind als Legasthenie zu bezeichnen. In der Praxis sprechen Experten erst dann von einer Legasthenie, wenn die Lese- und Rechtschreibleistung deutlich von der Gesamtleistung bzw. Intelligenz abweicht. Das bedeutet, dass ein von einer schweren Legasthenie betroffener Mensch gleichzeitig sehr intelligent sein kann. Umgekehrt heißt es aber auch, dass einem Betroffenen mit geringerer Intelligenz trotz seiner großen Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten unter Umständen keine Legasthenie bescheinigt wird.
Was ist der Unterschied zwischen Legasthenie und LRS?
Legasthenie wird manchmal als Sammelbegriff für "LRS", "Lese-Rechtschreib-Störung" und "Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten" gebraucht. Der größte Unterschied zwischen Legasthenie und LRS besteht darin, dass eine Legasthenie nur dann bescheinigt wird, wenn der Betroffene gleichzeitig eine normale bis hohe Intelligenz aufweist, während der Begriff Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten im pädagogischen Bereich alle Abstufungen der Problematik umfasst – unabhängig von Intelligenz oder Begabung.
Für eine pädagogische Therapie ist es im Prinzip unerheblich, ob ein Kind "einfach nur" Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten hat oder eine bestätigte Legasthenie vorliegt. Damit die Behandlung erfolgreich sein kann, muss ohnehin vor Beginn eine ausführliche Erhebung der Rechtschreibleistung erfolgen, auf deren Basis das betroffene Kind in eine passende Fördergruppe mit den für es passenden Materialien eingegliedert werden kann. Und dabei ist es unwichtig, ob jemand zuvor den "Stempel" Legasthenie, LRS oder schwere Legasthenie erhalten hat. Wichtig ist, dass der Betroffene die richtige Hilfe und Unterstützung in Form einer pädagogischen Therapie erhält.
Wie definiert sich Legasthenie?
Die ICD-10, die internationale Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation WHO führt die Legasthenie ausdrücklich als Krankheit auf. Allerdings haben legasthenische Kinder, die unter besonderen Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten leiden, bestimmte Schritte des Schriftspracherwerbs nicht richtig vollzogen. Die Lernschritte lassen sich aber nachholen. Streng genommen sind diese Kinder also nicht krank. Von einer Legasthenie zu sprechen kann dazu führen, dass Betroffene sich tatsächlich als "krank" ansehen und glauben, ihre Schwierigkeiten seien eine Störung, die man nicht beseitigen könne. Deshalb ist es sinnvoller, stattdessen allgemein von Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten zu sprechen, wobei dieser Begriff unterschiedliche Schweregrade von einer leichten Schwäche über LRS bis hin zur Legasthenie umfasst.
Auch das IQ-Diskrepanzkriterium ist Bestandteil der Legastheniedefinition der WHO. Es besagt, dass eine Legasthenie nur dann vorliegt, wenn die schlechten Leistungen im Lesen und Schreiben nicht durch eine geringe Intelligenz erklärt werden können. Das bedeutet, dass ein Kind zwar eine Störung in Form schwerer Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten haben kann, aber nach der Definition trotzdem kein Legastheniker ist, wenn es nicht intelligent genug ist. Auch diese Unterscheidung ist heute umstritten.
Denn unabhängig vom Intelligenzquotienten des Kindes müssen nicht vollzogene Lernschritte systematisch nachgeholt werden. Das bedeutet, dass die Intelligenz keine Auswirkungen auf die Therapie der vorliegenden Störung hat. Es ist deshalb fraglich, warum sie allgemein eine so zentrale Rolle bei der Definition der Legasthenie spielen soll.
Legasthenie lässt sich therapieren
Ganz egal, ob man von Legasthenie, LRS, Lese-Rechtschreib-Schwäche oder von Lese-Rechtschreib-Störung spricht und auch unabhängig von der Ursache der besonderen Schwierigkeiten: Die Probleme lassen sich durch eine pädagogische Therapie in einem LOS wirksam bekämpfen. Wichtig ist dabei, dass die Therapie umso bessere Ergebnisse erzielt, je früher sie beginnt. Das heißt für Eltern, dass sie mit ihrem Kind möglichst frühzeitig ein LOS aufsuchen sollten, wenn sie beobachten, dass es Beeinträchtigungen beim Lesen und Schreiben hat. Je früher die Probleme erkannt und durch eine pädagogische Förderung beseitigt werden, desto besser ist es für die schulischen Leistungen, das berufliche Fortkommen und die persönliche Entwicklung des Kindes. Denn ohne eine passende Förderung kann sich eine Lese- und Schreibschwäche bei Kindern auf Dauer sehr negativ auswirken und bis hin zu emotionalen Störungen bzw. psychischen Störungen oder einer seelischen Behinderung führen.